Selina Poljak

„Ich wurde in der kleinen Stadt mit offenen Armen willkommen geheißen, mit einer Herzlichkeit, die ich vorher nie in meinem Leben erlebt habe.“
  • 39. PPP
  • Bluefield, West Virginia
  • Bluefield State University
  • CIP & Mercer County Courthouse
  • Kauffrau im Groß- & Außenhandel

„Ich werde immer wehmütig an die Zeit des CIP-Praktikums in Washington DC zurückdenken: An das Gefühl, das erste Mal in der Rotunde des Kapitols zu stehen, bis hin zu meinem letzten Spaziergang durch alle Gebäude.“

Country Roads: Leben in einem konservativen Bundesstaat?

Platzierungsort: Bluefield, West Virginia. Ich zückte mein Handy und begann meine Recherche, da ich noch nie Berührungspunkte mit dem Staat hatte, außer dass West Virginia in dem Lied “Country roads, take me home” erwähnt wird. Die ersten Suchergebnisse erschienen: „Der konservativste und ärmste Staat der USA” stand ganz oben unter den Ergebnissen. Man stellte mir die Frage, ob ich nicht Angst vor Vorurteilen in einem derart republikanischen Staat hätte, als ein Mädchen mit Migrationshintergrund und muslimischen Wurzeln. Doch ich wollte mir von den Menschen vor Ort selbst ein Bild machen und blickte dem Auslandsjahr mit Vorfreude und Offenheit entgegen.

Und nun kann ich sagen, dass es für mich keine bessere Platzierung hätte geben können. Ich wurde in dieser kleinen Stadt mit offenen Armen willkommen geheißen, mit einer Herzlichkeit, die ich vorher nie in meinem Leben erlebt habe. Meine Gastfamilie stellte sich als zweite Familie heraus. Am Tag meiner Ankunft saßen meine Gastmutter Janet und ich in der Küche und redeten stundenlang über die unterschiedlichsten Themen.

Mit der Zeit lernte ich mit welchen Schwierigkeiten die Menschen zu kämpfen hatten, und auch wenn ich viele Ansichten nicht teilte, habe ich ein besseres Verständnis dafür bekommen, woher viele Sorgen stammen. Dadurch habe ich gemerkt, wie wichtig der Dialog mit Menschen aus aller Welt ist. Durch die verschiedenen Perspektiven lernt man, seine eigenen demokratischen Werte umso mehr zu schätzen, und kann durch Empathie nicht nur wertvolle lebenslange Freundschaften schließen, sondern auch kulturelle Barrieren abbauen.

Ich erfuhr große Unterstützung und schätze meine PPP-Zeit daher umso mehr

Meine Familie aus Deutschland unterstützte mich während meines Aufenthaltes stets aus der Ferne. Doch da ich die erste Generation bin, die Abitur gemacht hat und auf eine Universität geht, konnte ich für meine berufliche Karriere kaum jemand Zuhause um Rat fragen. In den USA ist es anders gewesen: Jede Person war wie ein Puzzleteil, was zu meiner Entwicklung beigetragen hat. Ich erfuhr so viel Unterstützung und schätze meine PPP-Zeit daher umso mehr.

In diesem Puzzle spielte mein College Coordinator Jammy eine besonders große Rolle. Er glaubte von Anfang an mein Potenzial und an mein Talent für Sprachen und Kulturen. Er kreierte in seinem Büro eine Stelle als International Student Ambassador – sodass ich schon erste Aufgaben als Juniorbotschafterin wahrnehmen konnte und Gäste, wie zum Beispiel ehemalige Kongressabgeordnete, empfangen durfte. Jammy half mir nicht nur bei meiner Bewerbung für das CIP-Praktikum, sondern empfahl mich später im Supreme Court von West Virginia, wodurch ich letztendlich im Gericht von Mercer County eingestellt wurde und weitere Eindrücke über die US-amerikanische Gesellschaft sammelte.

 

Das Praktikum in Washington DC war die schönste und intensivste Zeit meines Lebens

Ich habe mein CIP-Praktikum im Senat im Büro von Senator Joe Manchin absolviert. Es war beeindruckend, die Senatoren und House Mitglieder live bei Wahlen oder Reden erleben zu dürfen. Die täglichen Anrufe im Senatorenbüro von Bürgern aus dem ganzen Land, insbesondere aus West Virginia, haben mir nochmals gezeigt, wie wichtig die Kommunikation mit meinen Mitmenschen und die Rechte aller zu beschützen ist. Und es gibt daher nichts, was ich mehr tun möchte, als mich für Menschenrechte auf der ganzen Welt einzusetzen.

Meine Arbeit während des CIPs bestand darin, Zusammenfassungen von Committee Hearings und zu neuen Kongress-Mitgliedern oder zu Personen, die ein Treffen mit dem Senator hatten, zu erstellen. Ich habe auch Memos zum PPP verfasst und darauf aufmerksam gemacht, dass das Austauschprogramm in West Virginia mehr Aufmerksamkeit verdient. Ein Memo, das ich verfasste, wurde einem Projekt zur Verbesserung der Infrastruktur von Krankenhäusern beigefügt, welches schließlich an das Weiße Haus weitergeleitet wurde.

Eine weitere spannende Aufgabe war es, als Tourguide im Kapitol zu helfen. Zu den Besuchern, die ich durch das Kapitol führte, zählten beispielsweise über 70 Mitarbeiter der National Guard oder einer Delegation der FDP und der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Ich werde immer wehmütig an die Zeit zurückdenken…

Ich werde immer wehmütig an diese Zeit des CIP-Praktikums in Washington DC zurückdenken: An das Gefühl, das erste Mal in der Rotunde des Kapitols zu stehen, bis hin zu meinem letzten Spaziergang durch alle Gebäude…

Kein einziger Tag war langweilig, sondern steckte voller Überraschungen. Das CIP ermöglichte mir aus erster Hand intensivere Einblicke in das US-amerikanische politische System zu gewinnen und in gewaltigen Schritten über mich hinauszuwachsen.