Bericht einer PPP-Gastmutter aus Heidelberg
Mittlerweile sieben Mal habe ich seit 2015 junge Amerikaner und Amerikanerinnen aus dem PPP-Austauschprogramm bei mir aufgenommen, sie an meinem Familienleben, unseren Familienfeiern, meinem Alltag, meinen Unternehmungen teilhaben lassen und umgekehrt auch von ihnen vieles gelernt. – Wie kam ich zu dem Programm, und warum bin ich nach wie vor ausgesprochen gerne dabei?
Anfang 2015 lächelten mir eines Tages aus der Zeitung freundliche junge Gesichter entgegen: Drei amerikanische Austauschstudierende des PPP, Abteilung „Young Professionals“ (also mit Collegeabschluss und z.T. schon Berufserfahrung), für die ein Zimmer in einer Gastfamilie gesucht wurde. Spontan dachte ich: „Ja, das will ich machen!“ Diese Überzeugung fiel aber nicht einfach so vom Himmel, denn zu jenem Zeitpunkt hatte ich schon seit rund zehn Jahren, ausgelöst ursprünglich durch eine zufällige Anfrage eines Bekannten, junge Menschen aus aller Welt für einige Tage oder Wochen bei mir und in meiner Familie beherbergt – eine bunte Abfolge von Pilgern, Musikern, Tänzern, Festivalbesuchern aus mehreren Ländern und Kontinenten, … und mit Ihnen allen immer eine schöne und anregende Zeit verbracht. Noch weiter zurück, in den eigenen Jugendjahren, lagen unvergessliche und wohl auch prägende Erinnerungen an mir selber zuteilgewordene voraussetzungslose und damit nochmals wertvollere Gastfreundschaft – insbesondere auch in den USA! Das alles fügte sich zusammen, und ich spürte: Jetzt war es für mich an der Zeit, mein Zuhause, mein Familienleben und nicht zuletzt auch mich selbst einmal einem jungen Menschen für einen längeren Aufenthalt zu öffnen. Zum Einstieg in dieses „Wagnis“ schien mir das wohlorganisierte PPP zudem den idealen Rahmen dafür zu bieten.
Gleich am nächsten Tag meldete ich dem PPP mein Interesse, und schon bald wurde einer der drei Austauschstudenten zum gegenseitigen probeweisen Beschnuppern bei mir zuhause vorbeigeschickt. (Zu meiner insgeheimen freudigen Überraschung entpuppte er sich sogar als derjenige, den ich auf dem Zeitungsbild gleich am sympathischsten gefunden hatte.) Was darauf folgte, war, um einen Filmklassiker zu zitieren, „der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ mit der ganzen Familie. Noch heute stehen wir mit Nathan in regelmäßigem Austausch und haben z.B. letzten Heiligabend über Video transatlantisch gemeinsam live deutsche Weihnachtslieder gesungen.
Nach diesem Start war klar, dass ich als Gastmutter für das PPP weitermachen würde. Natürlich muss man in jedem Austauschjahr wieder bereit sein, sich auf neue Temperamente und Erwartungen einzustellen, aber genau darin liegt für mich auch ein Teil der Faszination und Bereicherung, die man selber durch das Programm erfahren darf. Ich lernte so viele unterschiedliche, aber stets sympathische Charaktere kennen, und oft auch deren Familien, die ihren Kindern während des Austauschjahrs gerne einen Besuch abstatten kommen. Gleichzeitig lerne ich durch unsere Gespräche einmal mehr Deutschland und meine eigene Kultur von außen zu betrachten und im positiven Sinn sowohl zu relativieren wie auch in mancherlei Hinsicht bewusster zu schätzen. Und last but not least gewinnt auch mein Bild von „den“ USA immer neue Facetten. Mit anderen Worten, beide „Seiten“ gehen aus einem PPP-Jahr im positiven Sinne verändert wieder hinaus.
Abschließend möchte ich deshalb allen Mut machen, sich als Gastfamilien für das PPP zu engagieren. Ja, es erfordert Einsatz, wie in jeder Freundschaft und in jeder (Familien-)Beziehung, aber mit eben einer Freundschaft und einer Erweiterung seiner Familie wird man belohnt. Keinesfalls muss man aber z.B. eine 24-Stunden-Rundumbetreuung bieten, wie es viele zu befürchten scheinen („Musst Du dann nicht jeden Tag dreimal für sie kochen?“, „Machen sie ihr Bett selber?“), mit denen ich über das Programm gesprochen habe. Außerdem unterstützt einen das PPP bei allen Fragen oder evtl. Problemen, und man hat sogar einen PPP-Tutor vor Ort, der sich um vieles kümmert.
Entspannt und (bis auf wenige klar kommunizierte Grundregeln) tolerant sein und die jungen Leute zwanglos in das eigene Leben einbeziehen, damit habe ich stets gute Erfahrungen gemacht. In nunmehr sieben Jahren durfte ich die „Young Professionals“ ausnahmslos als selbständig, freundlich, neugierig und offen erleben.
Und so ist es vermutlich nicht überraschend, dass ich in wenigen Monaten zum achten Mal (Gast-)Mutter werde.
Heidelberg, 2022