Kai erzählt von seinem langjährigen Engagement als Mentor im PPP
Als ich vor über 10 Jahren gefragt wurde, ob ich Genevieve (kurz Genny), eine US-amerikanische Austauschstudentin, in Heidelberg als Mentor unterstützen möchte, war ich sofort begeistert! Ich selbst konnte im Jahr 2000 mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm (PPP) für ein Jahr in den USA leben und kannte daher sowohl den Programmablauf als auch die Austauschorganisation. Auch wusste ich als Austauschstudent in den USA sehr zu schätzen, wie wertvoll es ist, vor Ort eine erste Anlaufstelle zu haben, die einem bei der Ankunft in einer neuen Stadt unterstützt.
So stand dann im Jahr 2003 eine lächelnde Genny aus Santa Clara, Kalifornien am Heidelberger Hauptbahnhof und wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden. Noch vor der Ankunft bestand die erste Herausforderung darin, eine geeignete Gastfamilie für sie zu finden. Auch hier habe ich als Mentor unterstützt, aber leider konnten wir am Ende nur ein Zimmer im Studentenwohnheim organisieren. Wie ich später noch mehrmals erfahren durfte, ist es in Heidelberg leider nicht einfach, eine Familie zu finden, die für die Dauer von Oktober bis Juni ein freies Zimmer hat. So brachte ich Genny erst einmal vom Bahnhof in ihr neues Zuhause. Auf dem Weg dorthin konnten wir noch einen kurzen Abstecher in ein schönes Kaffee einbauen und eine wichtige deutsche Tradition kennenlernen: den gemütlichen Sonntagskuchen!
Die Tage nach der Ankunft sind dann sowohl für die Austauschstudent:innen als auch die Mentor:innen recht anspruchsvoll, da in kurzer Zeit einiges organisiert werden muss. Es stand die Einschreibung / Anmeldung an der SRH Hochschule im Fach Musiktherapie auf dem Plan, der Kauf des Semestertickets, die Anmeldung beim Bürgeramt und ganz allgemein die Herausforderung, sich in einer neuen Stadt zurechtzufinden. Auch kann man sich schon einmal Gedanken machen, wo die 40 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet werden. Jeder PPPler soll sich nämlich ehrenamtlich einbringen, um so einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Ganz nebenbei können die Teilnehmer:innen dadurch ein Netzwerk an neuen Kontakten aufbauen.
Bei all diesen Aufgaben ist die Unterstützung und wenn möglich Begleitung durch den Mentor herzlich willkommen. Dank der guten Vorbereitung durch die Austauschorganisation (damals GIZ, heute Cultural Vistas) sind zumindest die ganzen Verwaltungsaufgaben schnell erledigt. So vergehen die ersten Tage und Wochen wie im Flug.
Eine schöne Gelegenheit, sich besser kennenzulernen, boten die anstehenden deutschen und amerikanischen Feiertage. Ganz allgemein bieten sich hier an: ein gemeinsamer Tag der Deutschen Einheit inklusive einer Reise durch die deutsche Geschichte, ein gruseliges Halloween-Fest oder eine Thanksgiving Feier zusammen mit den anderen Teilnehmer:innen des PPP – der typische gebratene Truthahn darf natürlich nicht fehlen. Praktischerweise konnte ich damals mit Genny meinen Geburtstag Anfang Oktober feiern, zu dem wir das Traditionsthema „Kaffee und Kuchen“ weiter vertieft haben. So fühlte sich Genny schnell heimisch und war selbständig in good, old Heidelberg unterwegs.
Spannend wurde es noch einmal bei der Praktikumssuche. Auch hier ist jede Unterstützung durch den Mentor gefragt, angefangen bei der Recherche nach möglichen Praktikumsstellen, dem Korrekturlesen des Lebenslaufs und der Bewerbungsanschreiben bis hin zu Tipps & Tricks für das Bewerbungsgespräch. Wir hatten hier großes Glück und Genny konnte eine interessante Stelle direkt bei der SRH-Hochschule ergattern. So war dann auch frühzeitig klar, wie die zweite praktische Programmhälfte des Austauschprogramms ablaufen wird. Dies bringt Sicherheit und erspart stressige Bewerbungsgespräche bis zur letzten Minute.
Inzwischen durfte ich mit Nathan, John, Ryan, Ariana, Zoe, Anne, Emily, Ilana, Tor, Cathrine, Trey, Bretta, Hana, Raigon, Amy, Ben, Audrey und Ah’lizah über die Jahre viele weitere Teilnehmer:innen des PPPs in Heidelberg und Umgebung betreuen. Eine wichtige Unterstützung waren dabei mehrere großartige Gastfamilien, die sich teilweise seit über 10 Jahren immer wieder bereiterklären, einen Gast aufzunehmen. Ohne diese Familien würde auch ein wichtiger Bestandteil des PPPs fehlen, da der Kulturaustausch am einfachsten im täglichen Zusammenleben funktioniert.
Tränen in den Augen kann es über die Jahre auch immer mal wieder geben. Gemeinsam hat man einiges erlebt und wenn es dann im Sommer Abschiednehmen heißt, fällt dies nicht immer leicht. Doch bleibt die Chance, sich bei einem der nächsten Urlaube entweder in den USA oder Deutschland wiederzusehen. Ja, eine Teilnehmerin hat sogar ihr Herz in Heidelberg verloren und ist seit diesem Jahr glücklich in Deutschland verheiratet. Bei so einer schönen Nachricht wird einem dann tatsächlich bewusst, wie richtungsweisend ein Austauschjahr und die Auswahl der Platzierung für eine Teilnehmerin oder einen Teilnehmer sein kann.
Unterstützung erhalten neue Interessent:innen, die eine Mentoren-Aufgabe übernehmen möchten, von Cultural Vistas. Hier gibt es z.B. einen jährlichen Workshop in Berlin, bei dem man alle wichtigen Informationen erhält und sich direkt mit anderen Mentor:innen aus ganz Deutschland austauschen kann. Es steht der Entscheidung, das PPP als Mentor:in zu unterstützen also nichts weiter im Wege. Alles, was es noch braucht, ist Neugier und die Bereitschaft einen noch unbekannten Menschen zu unterstützen. Jedes Jahr ist es spannend zu erleben, wie ein Teilnehmer, den man zuerst nur aus einem Vorstellungsbrief kennt, tatsächlich ist und im Lauf des Jahres an den Aufgaben wächst. Wer Freude daran hat, einen PPPler auf dieser Reise zu begleiten, sollte sich unbedingt bewerben!